Das erste Heft des einzigen Comics der DDR, dessen Geschichte durchgängig erzählt wurde, erschien im Dezember1955. Seine Helden waren drei alterslose Kobolde, die sich durch 223 Ausgaben bis 1975 kämpften.
Sie streiften gezielt durch die Phantasiewelten der Kinder und Jugendlichen, so erlebten sie im ersten Heft eine abenteuerliche Reise in den Orient. Von da aus ging es in die Südsee-Gestaden, ins altertümliche Rom, in das Weltall bis sie nach 20 Jahren wieder im alten Orient landeten. Auffällig dabei war, dass Dig, Dag und Digedag sich nie im sozialistischem Ausland bewegten. Hannes Hegen, der Erfinder der Digedags, und sein Team legten stets großen Wert darauf, dass das Mosaik unpolitisch blieb. Dennoch verkauften sich von der ersten Ausgabe 150.000 Hefte. Es folgte eine riesige Nachfrage. Die Auflage stieg auf 660.000 Hefte pro Monat und konnte den Bedarf dennoch nicht decken. Was darauf zurück zuführen war, dass das Land stets an Papiermangel litt. Der Erscheinungstermin im Dezember hing nicht mit dem kommenden Weihnachtsfest zusammen, sondern mit der Gründung der "Jungen Pioniere" am 13.Dezember 1948. Es war ein Geschenk zum Pioniergeburtstag, dass die Leser jedoch nicht wie gewünscht zur Republik-Verbundenheit animierte. Ganz im Gegenteil, es machte sie zu Weltbürgern im Geiste, wie der Erfinder der Digedags.
Der Kosmopolit Hannes Hegen, dessen bürgerlicher Name Johannes Eduard Hegenbarth war, stammte aus einer Glasmacher- und Künstlerfamilie aus Kamnitz (heute Ceská Kamenice in Böhmen). Die Hegenbarths waren Teil einer Glasmacherdynastie, die seit vier Generationen existierte. Sein Onkel Emanuel Hegenbarth war der Erste, der aus der Familientradition ausbrach, um Künstler zu werden. Er wurde Professor für Tiermalerei an der Kunstakademie Dresden. Sein 16 Jahre jüngerer Cousin Josef folgte ihm nach Dresden und studierte ab 1908 an der Kunstakademie. Er wurde einer der wichtigsten deutschen Zeichner und Buchillustratoren des 20. Jahrhundert. Daran konnte Hannes Hegen anknüpfen. Er studierte an der Kunstakademie Leipzig. Während des Studiums veröffentlichte er mit großem Erfolg seine Karikaturen in der NBI, Wochenpost oder dem Magazin, die er anfänglich mit "j" oder "joh" signierte.
Er brach daraufhin das Studium ab und ging als freischaffender Pressezeichner nach Berlin. Ab 1953 nahmen die Tabuthemen für Karikaturen in der DDR stark zu, so das Johannes Hegenbarth nach Alternativen suchte. Seine erste Comic-Figur war ein Rumpelmännchen, was Kinder zum Altstoffsammeln animieren sollte. Daraus entwickelten sich drei eigenständige Gestalten: Die Urform der Digedags.
Als das erste Mosaik auf den Markt kam, gab es kaum Comics in der DDR. Mit "Atze" erschien 1955 erstmals ein Comic-Heft, dem zunächst die Lizenz verweigert wurde. Klaus Hilbig, Chefredakteur "Der junge Pionier" setzte sich darüber hinweg. Der Erfolg gab ihm Recht.
Hegen zeichnete bereits 1953 zwei satirische Comics "Die Erlebnisse eines Autofahrers" und "Festgenagelt" (diese signierte er erstmals mit Hannes Hegen). Kein Verlag fand sich, diese in Buchform zu drucken. Die Satire-Zeitschrift "Eulenspiegel" quetsche sie letztendlich 1954 auf eine Doppelseite. Mit dem Verlag an seiner Seite arbeitete er ab 1955 gestalterisch und inhaltlich am Mosaik-Comic und stellte vertraglich klar, dass Digedags ausschließlich Eigentum des Verfassers sind. Damit reagierte er auf die anhaltende Vermarktung seines Rumpelmännchens, an dem er finanziell nicht beteiligt war.
Bis Juli 1957 erschienen vier Ausgaben im Jahr. Das Mosaik-Team wuchs auf 15 Mitarbeiter an, unter anderen die Farbgestalter Joachim Arfert und Heinz Handschick. Die Atelierräume befanden sich in einer Doppelhaushälfte eines Gründerzeitgebäudes in Berlin-Karlshorst, was Hegen damals von einem Verlagsvorschuss privat erwarb. Alle Vorzeichnungen fertigte er selber an. Lothar Dräger steuerte die Texte bei. Für Technik-Fragen beriet das Team der Schwager von Hannes Hegen, der Ingenieur Hans Oesterreicher. Die Geschichten wurden lebendiger mit einer gewissen historischen und technischen Genauigkeit. Jedoch waren sie lange Zeit nur angelesen ohne eigene Anschauung. Eine geplante Kulturreise nach China mit seiner Frau und Lothar Dräger wurde Hegen verwehrt. So streiften seine Helden nicht durch Asien, sondern weitere fünf Jahre durch das Nordamerika zur Zeit des Bürgerkrieges aus der Konserve. Als dann 1973 auch noch sein Team ausgedünnt werden sollte, kündigte Hannes Hegen den Verlagsvertrag zum 1.Juli 1975. Der Verlag sah seine Chance Hegen endlich loszuwerden und warb das Mosaik-Team hinter seinem Rücken ab. Dräger wurde jetzt als neuer Leiter eingesetzt. Stattdessen scheiterte der Versuch, Hegen die Urheberrechte für viel Geld abzukaufen. So blieb nur der Titel "Mosaik" übrig. Ab Januar 1976 erschien das Mosaik mit den Nachfolgern der Digedags, den Abrafaxen. Für Hannes Hegen waren sie nur ein Plagiat. Er verklagte den Verlag "Junge Welt". Der Streit endete mit einem außergerichtlichen Vergleich. Die Enttäuschung über sein Team saß bis an sein Lebensende tief. Er blieb trotz allem ein unermüdlicher Zeichner. Das Konvolut freier Arbeiten umfasst über 20.000 Blatt. Sie gehören wie die 30.000 Mosaik-Zeichnungen zu einer Schenkung des Zeitgeschichtlichen Forums Leipzig, die er persönlich übergab. Der Zeichner verstarb am 8.November 2014 in Berlin. An seiner ehemaligen Wohn- und Arbeitsstätte in der Waldowallee 15 steht heute eine Gedenkstele und seit 2021 trägt der kleine Platz gegenüber den Namen Digedags.
Quelle Beitrag: Das Mosaik von Hannes Hegen - Comic in der DDR, Bernd Lindner, ISBN987-3-948643-67-6
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